Der Biomarkt hat sich von der Nische zum Mainstream-Segment entwickelt. Dahinter steht das anhaltende Bedürfnis des Konsumenten nach besseren Produkten mit einem qualitativen Mehrwert. Sind die Biomarken damit auf einem klaren Erfolgskurs – oder doch nicht? Wo steht der Biomarkt heute aus Sicht der Markenführung?
„Bio“ funktioniert heute als eine Art generischer Qualitätsbegriff. Noch immer löst allein der Begriff „Bio“ beim Konsumenten sehr positive Produkterwartungen aus. Wobei diese Wirkung auch durch eine gewisse Skepsis gegenüber konventionellen Produkten (inkl. deren Lebensmittelskandalen) gespeist ist. Der Erfolg von Bio ist aber nicht unbedingt gleichzusetzen mit dem Aufbau starker Biomarken. Im Gegenteil: In Bezug auf Markenperformance spielen die meisten Unternehmen eher in einer unterklassigen Liga. Blickt man sich in Regalen von Supermärkten, Fachhandel und Reformhäusern um, kommt aus Markensicht wenig Freude auf. Wirklich differenzierende Marken sind in der Minderzahl. Der Biomarkt wird getragen von generischen Pseudo-Marken. Direkte Wettbewerber haben oft so wenig differenzierende Merkmale, dass ein Etikettentausch der Produkte kaum auffallen würde.
Warum tun sich die Unternehmen so schwer, echte Biomarken zu erschaffen?
Hinsichtlich der Profilierung von Marken ist Bio ein süßes Gift. Weil der Begriff „Bio“ so gut funktioniert, vernachlässigen viele Unternehmen den Aufbau einer wirklich differenzierten, eigenständigen Positionierung. Sie übersehen dabei, dass Bio eine generische Kategorie ist, die sie mit ihren Wettbewerbern teilen. Diese Problematik kann man gut in den einzelnen Teilmärkten erkennen: Je wirksamer Bio als Gattungsbegriff ist, desto weniger wird für die Stärkung der eigenen Marke getan.
Man könnte behaupten, dass sich Bio und Markenaufbau umgekehrt proportional zueinander verhalten. Das mag so lange gutgehen, wie die Konkurrenz auf demselben Auge blind ist. Eine überzeugende Strategie ist es nicht.
Was ist zu tun?
Es ist an der Zeit, die Differenzierungspotenziale, die sich insbesondere für Lebensmittelmarken bieten, endlich richtig zu nutzen. Der größte Verbündete beim Markenaufbau ist der Konsument. Denn er hat ein grenzenloses Bedürfnis nach „besonderen“ Produkten. Leistungsvorteile wie besonders lecker, besonders gesund, besonders umweltverträglich usw. müssen anhand von Geschichten und Gegebenheiten attraktiv vermittelt werden.
Aber wie ist Differenzierung möglich, wenn doch alle mehr oder weniger mit demselben Wasser kochen?
Wenn man das Thema Markendifferenzierung vom Konsumenten her denkt, dann stößt man auf unzählige Anknüpfungspunkte, um seine Marke aus dem generischen Mainstream heraus und in eine alleinstellende Position zu heben. Seien es regionale Herkünfte, Herstellungsverfahren, Zutaten, Rezepturen – wenn man mit dem richtigen Blick an die Sache herangeht, findet sich viel mehr Stoff, als man dann tatsächlich nutzen kann. Und vieles davon ist oftmals schon in den Produkten angelegt, kann also sehr authentisch vermittelt werden. Im Gegensatz zu diesem reichen Möglichkeitsraum nimmt sich die reale Ausgestaltung vieler Biomarken – wenn man sie denn überhaupt als Marken bezeichnen will – äußerst nüchtern und fast ein wenig lieblos aus. Aber auch hier gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel und jeder hat es selbst in der Hand, aus seiner Marke einen positiven Sonderfall zu machen.